Am Dienstag, den 10. Mai 2022, erinnerte München mit der alljährlichen öffentlichen Lesung „verbrannter Bücher“ an die Bücherverbrennung des Jahres 1933. Karl Freller, Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten, wählte in diesem Jahr für seinen Lesebeitrag das Werk „Reisen in die Ukraine und nach Russland“ des jüdischen Autors Joseph Roth.
Die Werke der verbotenen Autorinnen und Autoren wurden damals anhand der sogenannten ‚schwarzen Liste‘ von Universitätsbibliotheken, Leihbüchereien und Buchhandlungen ausgesondert. Die entsprechenden Bücher wurden dann in öffentlich inszenierten Verbrennungen „wider den undeutschen Geist“ dem Feuer anheimgegeben. München organisierte gegen das angeblich „volkszersetzende Schrifttum“ eine pompöse Veranstaltung im Lichthof der Münchner Universität am 10. Mai 1933. Nach einem nächtlichen Fackelzug durch die Stadt wurde auf dem Königsplatz der Verbrennungsakt inszeniert, die Bücher der „Reichsfeinde“ auf einen Scheiterhaufen geworfen. Nur wenige Monate nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten beteiligten sich freiwillig tausende Münchnerinnen und Münchner an dieser Bücherverbrennung, die von Studierenden der Münchner Universitäten und dem Rektor der LMU organisiert war.
Verbrannt wurden Bücher von Autorinnen und Autoren wie Bertolt Brecht, Lion Feuchtwanger, Sigmund Freud, Erich Kästner, Irmgard Keun, Heinrich Mann, Erich Mühsam, Erich Maria Remarque, Anna Seghers, Ernst Toller, Kurt Tucholsky, Arnold Zweig, Stefan Zweig und eben Joseph Roth. Roth war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist, der aus einem bürgerlichen Elternhaus galizischer Juden stammte. Ihm selbst gelang die Flucht ins französische Exil, wo er 1939 in Paris an einer Krankheit verstarb. Viele der damals verbrannten Bücher sind bis heute weitgehend unbekannt.